Heilsame Gewürze: Muskat

Schon mal einen Muskatnussbaum (Myristica fragrans) gesehen? Eher nicht, höchstens in botanischen Sammlungen oder im Urlaub. So unbekannt der immergrüne Tropenbaum, so geläufig dessen Nüsse, die aber gar keine Nüsse sind.

Als Muskat oder Muskatnuss wird der große harte Samen des zweihäusigen Baums (es gibt rein weibliche und rein männliche Exemplare) bezeichnet. Die Samen hüllt ein rot- bis orangefarbenes, fleischiges, zerschlitztes Gewebe ein, der sog. Samenmantel – als Macis oder (irreführend) als Muskatblüte bezeichnet. Am Baum ist alles eingepackt in eine gelbliche Fruchtschale, insgesamt hat man aus botanischer Sicht eine Balgfrucht vor sich.

Für Liebe und Luxus, gegen Pest und Pein

Ein Dufthauch von Mystik umweht die Muskatnuss. Die berauschend duftenden, weil an ätherischen Ölen reichen „Nüsse“ wie auch die „Blüten“ galten als Mittel, die zum Venushandel reizten – jeder mag sich selbst vorstellen, wie das gemeint sein könnte. Im Mittelalter galten Muskatnüsse als eines der teuersten Güter überhaupt, nicht selten wurden Fake-Nüsse aus Holz geschnitzt. Man erzählte, dass Muskatnüsse unmittelbar aus dem Garten Eden stammten, und wie Zimt oder Nelken die Pest fernhalten sollten, was die Begierde danach nur steigerte. Als die Gewürzinseln entdeckt waren, beutete man die tropischen Pflanzenschätze rücksichtslos aus und verschiffte sie nach Europa. Mitte des 17. Jahrhunderts war Muskat das Modegewürz schlechthin. Alles wurde damit gewürzt, sofern man es sich leisten konnte. Man trug Muskatnüsse sogar in kit Gold und Juwelen besetzten Behältern, sog. Pomandern.

Im Rausch der Droge

Muskat hängt stets auch ein etwas zweifelhafter Ruf an. Sie enthalten Phenylpropane wie Myristicin, Elemicin, Safrol und andere. Diese Stoffe erregen die glatte Muskulatur (können z.B. Epilepsie-artige Anfälle hervorrufen oder abtreibend wirken) und haben halluzinogene Effekte (rufen z.B. Angst-, Rauschzustände hervor), insbesondere in Kombination mit Alkohol. In größeren Mengen – manche sprechen von einer halben Nuss, andere dagegen von mehr als drei Nüssen – ist Muskat giftig, sofern nicht im Ganzen verschluckt und wieder ausgeschieden. Muskatpulver ruft allerdings in höherer Dosierung eingenommen Brechreiz hervor, was mit dazu beiträgt, dass sich Muskat nie als Rauschdroge etabliert hat. Wobei – Anfang des 19. Jahrhunderts stellte das heute als Pharmariese bekannte Unternehmen Merck aus den Phenylpropanen der Muskatnuss erstmals MDMA her, zunächst als blutstillendes Mittel gedacht, bis in die 1980er Jahre als Medikament bei posttraumatischen Belastungsstörungen eingesetzt und schließlich als Ecstasy missbraucht und verboten. Keine Sorge, wer Muskat wie Macis als Gewürz verwendet, muss keine negativen Nebenwirkungen befürchten.

Gegen Schmerzen, Schlafstörungen und Schnupfen

Eine Prise Muskat an Kartoffelpüree, Spinat oder Béchamelsauce, ein wenig Macis zu Gelbwurst, Lebkuchen oder Glühwein – das ist fein! Muskat und Macis haben auch in der Kosmetik ihre Bedeutung, etwa als Zusatz in Parfüms oder Mundspülungen. Wenn man nachforscht, worin sich das ätherische Muskatöl befindet, werden viele weitere Bereiche klar, wo Muskat seine gesundheitsförderliche Wirkungen zeigt.
Was hilft über Unpässlichkeiten hinweg? Meine Großmutter hätte zu Melissengeist geraten. „Wenn’s vorne zwickt und hinten beißt, nimm xxx Melissengeist!“ hieß es. Georg Friedrich Most (1794-1845) beschreibt in seiner Enzyklopädie der Volksmedizin (ein sehr verbreitetes und beliebtes Hausbuch) die Tinctura carminativa, welche neben vielen anderen Gewürzen auch Muskatblüte in Weingeist und Pfefferminzwasser enthält. Sie sei „ein vorzügliches Mittel gegen Flatulenz und Magendrücken hypochondrischer und hysterischer Personen“. Bis heute ist Macis in manchen Verdauungstropfen enthalten. Auch Salben gegen Rheuma-, Muskel- oder Gliederschmerzen enthalten teilweise Muskat bzw. Macis.
Wer hätte gedacht, das Muskat auch in einem der bekanntesten Balsamen gegen Husten, Schnupfen, Heiserkeit und Verschleimung steckt, mit dem man(n) wie ein Baby schlafen kann?

Muskatöl zum Einreiben (Ausschließlich äußerliche Verwendung!): 1 gestrichenen Teelöffel frisch geriebenes Muskat- oder frisch gemörsertes Macis-Pulver mit 100 ml Pflanzenöl (z.B. Mandel- oder Olivenöl) mischen, in ein Schraubglas füllen und sorgfältig verschließen. Das Glas im Wasserbad auf etwa 30 °C erwärmen und darin 5-6 Stunden ziehen lassen. Anschließend abfiltern und als Massage-Öl verwenden, z.B. gegen Muskelkater, bei Schwellungen, rheumatischen Beschwerden, Muskel- oder Gelenkschmerzen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Item added to cart.
0 items - 0,00