Geißraute

Nicht überall, aber in manchen Regionen wie bei mir wächst sie in Hülle und Fülle am Straßen- und Wegrand, entlang von Äckern und Wiesen: die Geißraute (Galega officinalis), auch Geißkraut, Geißklee, Ziegenraute, Ziegenkraut oder Ziegenklee genannt. Was hat denn dieser Schmetterlingsblütler, der mal weiß, mal cremefarben, mal zart rosa, mal hell wasserblau, mal fliederfarben blüht, mit Geißen bzw. Ziege zu tun? Und warum trägt er das Attribut „officinalis“ im botanischen Namen, was aus eine Verwendung in der Heilkunde verweist?

Für Futter und Energie

Galega, der Gattungsname, leitet sich ab von griech. gala = Milch und lat. agere = bringen. In alten Schriften wird berichte, dass die Pflanze die Milchbildung anregt – aha. Sie wurde wohl auch als Futterpflanze angebaut. Aber dann lese ich, die Geißraute sei stark giftig, insbesondere für Säugetiere? Weil sie bitter schmeckt, lassen sie die meisten Weidetiere zwar stehen, doch Schafe fressen sie und bekommen oftmals Vergiftungen. Hat da jemand was verwechselt?

Kaukasus-Geißraute (Galega orientalis)

Wahrscheinlich, denn als Futterpflanze wird vor allem die violett blühende Kaukasus-Geißraute (Galega orientalis, Östliche Geißraute, Futter-Galega; ähnelt eher einer Lupine) genutzt, die nicht über die giftigen Alkaloide wie ihre nahe Verwandte verfügt. Tatsächlich wird die Kaukasus-Geißraute hie und da als dauerhafte, trockenheitsverträgliche Feldkultur angebaut – sie liefert über Jahre sehr ertragreich eiweißreiches Tierfutter, aber ebenso eignet sie sich zur Erzeugung von Energie (Biogas).

Gegen Pest und Diabetes

Volksnamen wie Suchtkraut, Pestilenzkraut, Pockenraute oder Fleckenraute für die Geißraute deuten an, dass dieses Kraut einst gegen allerlei Krankheiten eingesetzt wurde, daher auch der Artzusatz officinalis. Getrocknetes Kraut der Geißraute wird auch heute noch angeboten – der Tee daraus soll Harnwegsinfekten helfen oder die Milchbildung während der Stillzeit ankurbeln. Besonders erwähnt wird, dass die Pflanze den Blutzuckerspiegel senken soll – also besonders zur (unterstützenden) Behandlung von Diabetes geeignet sei. Aber wie war das doch gleich? Geißraute ist doch giftig! Es heißt zwar, dass sie für Menschen nicht so gefährlich ist wie für Tiere – ABER: Fachleute warnen davor, Geißraute über längere Zeit und/oder in höherer Dosierung einzunehmen!

Ursprung eines bedeutenden Medikaments

In Geißrauten stecken Inhaltsstoffe wie Phytosterole und Flavonoide, dazu Guanidin-Abkömmlinge und Alkaloide. Galegin wurde volksmedizinisch wie auch in der Diabetologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegen die Zuckerkrankheit eingesetzt. Basierend auf der chemischen Struktur des Galegins entwickelte man in den frühen 1920er Jahren Anti-Malaria- und Anti-Grippe-Mittel. Während der Anwendung bemerkte man, dass der Blutzuckerspiegel der Patienten gesenkt wurde. In den 1950er Jahren entstand Metformin, bis heute eines der wichtigsten Medikamente zur Behandlung des Typ-2-Diabetes.

Zum Abnehmen

Gewicht reduzieren, ganz einfach über eine Heilpflanze, die man als Tee trinkt, in einen Oxymel einfügt, als Pulver in einer Kapsel einwirft. Sehr gesucht – und bis heute nicht gefunden. Der Geißraute wird nachgesagt, dass sie bei der Gewichtsreduktion helfe, als Appetitzügler wirke. Das ist weder erwiesen noch ratsam, denn es gibt keine verlässliche Studie, die der Geißraute eine Unbedenklichkeit bei der Verwendung bestätigt. Vielmehr besteht ein Risiko, dass die Geißraute dann doch schädlich wirkt. Es wäre auch viel zu schön um wahr zu sein, dass ein Kraut am Wegesrand solche Probleme löst. Eher sollte man an die Beutelschneider am Straßenrand denken, die einem mit solchen Sprüchen „Geißraute, DAS Abnehmkraut“ nur das Geld aus der Tasche ziehen.

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